Warum verliessen die Hugenotten Frankreich? 

Bereits während der Hugenottenkriege (1562–1598) verliessen Tausende Protestanten Frankreich (erstes Refuge). Im Edikt von Nantes gewährte König Heinrich IV. 1598 den Protestanten (ausgenommen in Paris und in den Bischofsstädten) freie Religionsausübung und beendete damit die Hugenottenkriege. Sein Enkel, Ludwig XIV., hob 1685 dieses Edikt wieder auf (Edikt von Fontainebleau). Schon vorher, aber dann vor allem nach 1685 kam es – trotz Verbot – zu einer eigentlichen Massenflucht (zweites oder grosses Refuge).

Haben die Katholiken die Hugenotten aus Frankreich vertrieben?

Nein. Niemand hat die Hugenotten vertrieben. König Ludwig XIV. hat die Ausübung der protestantischen Religion in Frankreich verboten, was vom katholischen Klerus Frankreichs natürlich begrüsst wurde. Papst Innozenz XI. dagegen missbilligte die Aufhebung des Edikts von Nantes. Ludwig XIV. verbot den Protestanten aber auch, das Land zu verlassen. Hingegen mussten die Pfarrer Frankreich innerhalb von zwei Wochen verlassen.

Was bedeutet Refuge? 

Unter Refuge (dt. Zuflucht) versteht die Geschichtswissenschaft die Fluchtbewegung der Protestanten aus Frankreich, im weiteren Sinn auch aus Savoyen. Dieses fand erst mit der völligen Glaubensfreiheit in der Französischen Revolution seinen Abschluss.

Was sagt uns das Refuge heute?

Verfolgung und Flucht durchzieht die Geschichte durch alle Jahrtausende. Das Refuge kann uns aber bewusst machen, dass Flüchtlinge damals, wie heute Menschen sind, die ihre Heimat verlassen müssen, weil sie dort nicht mehr frei leben dürfen und dass sie unser Land durchaus bereichern können.

Sind die Hugenotten Wirtschafts- oder Glaubensflüchtlinge?

Glaubensflüchtlinge. Selbst wenn etliche unter ihnen mit ihrer Flucht auch wirtschaftliche Interessen verfolgten, stand ihre Glaubensfestigkeit im Vordergrund.

Wie viele Hugenotten sind in die Schweiz geflohen?

Genaue Zahlen gibt es nicht. Laut Schätzungen passierten rund 60'000 Flüchtlinge die Schweiz, wovon höchstens 20'000 sich vorübergehend oder dauerhaft im Raum der heutigen Schweiz niedergelassen haben. 

Wie hat die Schweiz die Hugenotten aufgenommen?  

Sowohl die Stadtrepublik Genf, wie auch die evangelischen Orte der Eidgenossenschaft haben spontan Hilfe geleistet, mussten aber rasch einsehen, dass angesichts der grossen Zahl von Flüchtlingen die Hilfeleistung geregelt und limitiert werden musste.

Warum sind viele Hugenotten weitergezogen? 

Aus politischen, ökonomischen und demografischen Gründen war die Schweiz nicht in der Lage, den Flüchtlingen frei Niederlassung zu gewähren. In anderen Teilen der Welt, insbesondere in einigen durch den Dreissigjährigen Krieg entvölkerten deutschen Gebieten waren die Flüchtlinge sehr willkommen. 10 Tage nach der Aufhebung des Edikts von Nantes gewährte der Kurfürst von Brandenburg/ im Edikt von Potsdam den Hugenotten grosszügige Privilegien. 1699 mussten rund 6000 Hugenotten und Waldenser die Schweiz verlassen, da keine unmittelbare Gefahr von Seiten Ludwigs XIV. mehr bestand (Grand Départ).

Wer waren die Waldenser?

Ursprünglich waren Waldenser die Anhänger einer religiösen Bewegung, die um 1170 vom Kaufmann Waldes (sein genauer Name ist nicht bekannt) in Lyon begründet wurde und die als Ketzer verfolgt und fast völlig ausgerottet wurde. Ein Rest zog sich Ende des 13. Jahrhunderts in die Täler der Cottischen Alpen im Piemont zurück. Kleine Gruppen hielten sich einige Zeit auch noch im Luberon, in Kalabrien und in Apulien. 1532 schlossen sich die Waldenser der Reformation an, womit eine neue Ära begann. Heute ist die Chiesa Evangelica Valdese die wichtigste evangelische Gemeinschaft Italiens.

Welche Spuren der Hugenotten und Waldenser finden sich in der Schweiz? 

Es haben sich nur wenig konkrete Spuren erhalten, aber als einschneidendes historisches Ereignis leben sie im kollektiven Gedächtnis weiter, wenn oft auch als Mythos, der einer wissenschaftlichen Prüfung nicht standhält. Sowohl Geschichte wie Mythos sind Teil der Identität der (reformierten) Schweiz.

Haben die Hugenotten die Uhrenindustrie gebracht?

Uhren wurden in der Schweiz schon früher produziert. Aber mit der Zuwanderung hugenottischer Glaubensflüchtlinge seit der Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelte sich Genf zu einem Zentrum der Uhrmacherei. Von dort verbreitete sie sich in der Waadt und im ganzen Jurabogen. 

Wie haben die Hugenotten die Wirtschaft und Gesellschaft geprägt?

Die zugewanderten Hugenotten bildeten vielerorts eigene Gemeinschaften und verbanden sich kaum mit der einheimischen Bevölkerung. Dennoch hatte ihre Präsenz Auswirkungen auf die Wirtschaft und Gesellschaft. Vor allem die städtische Oberschicht übernahm gern die höfisch geprägten Sitten und die Mode der vornehmen Franzosen. Wirtschaftlich profitierte die Schweiz von Knowhow der Flüchtlinge, allem voran in der Seiden- und Baumwollverarbeitung (Indiennes).

Welches ist der Ursprung des Wortes «Hugenotten»? 

«Hugenotten» war zur Zeit der Hugenottenkriege der Spottname für die Protestanten in Frankreich und Navarra. Allmählich wandelte sich der Begriff zur Eigenbezeichnung der französischen Calvinisten. Die traditionelle Ableitung von «Eygenots» (Eidgenossen) wird heute angezweifelt und anderen Interpretationen gegenübergestellt. Die Etymologie ist wissenschaftlich nicht geklärt.

Gibt es typische hugenottische (und waldensische) Familienamen? 

Jein. Zwar gibt es einige hugenottische Familien, die sich in der Schweiz «einen Namen gemacht haben». Doch viel zahlreicher sind jene angeblich hugenottischen Namen, die schon früher in der Schweiz existierten oder nachweislich eine ganz andere Herkunft haben.

Wie kann man vorgehen, wenn man vermutet, dass man hugenottische Vorfahren hat?

Um eine hugenottische Herkunft sicher nachzuweisen, braucht es eine lückenlose genealogische Rückverfolgung der Familie (z.B. anhand von Zivilstandsakten und Kirchenbüchern) bis zu einem tatsächlich aus Frankreich stammenden Vorfahren, der das Land zwischen 1523 (erste Hinrichtung eines Protestanten) oder genauer 1559 (Einführung des hugenottischen Glaubensbekenntnisses) und 1789 (Französische Revolution) als Protestant verlassen oder im Untergrund seinen Glauben weitergelebt hat. Alles andere gehört ins Reich der Legenden.

Welche Bedeutung hat das Logo der Kulturroute?

Das Motiv des Wanderers entstammt einer Keramikfliese des 18. Jahrhunderts. Die Scheibe erinnert an den «Méreau», eine Erkennungsmarke der Hugenotten, die blaue Farbe an das in der Dauphiné beliebte «chairette-bleu». Die grüne Linie symbolisiert den Kulturwanderweg durch die verschiedenen Landschaften Europas.